top of page
AutorenbildFranziska Stebler

Peace first

Menschen, in Konflikten verstrickt, führen Krieg gegeneinander. Oftmals ist der Kriegsschauplatz voller Tretminen, Verletzten, Toten (im übertragenen Sinn), unzähligen zerstörten gemeinsamen Erinnerungen und Träumen, voller Drohungen, ja sogar voller heftiger gegenseitiger Angriffe.


Der U-Prozess von Glasl, den ich intensiv in der Mediations-Ausbildung lerne, forciert, diesen Kriegsschauplatz unter Anleitung einer Mediator:in gemeinsam zu besichtigen und dann in sehr achtsamer Art und Weise diese Schauplätze "aufzuräumen". Dass dieses Unterfangen ein sehr schwieriges ist, leuchtet sofort ein. Und genau so erlebe ich auch die Mediation, ein äusserst anspruchsvolles Vorhaben.


Dank der Lektüre des Buches von Ed Watzke "Wahrscheinlich hat diese Geschichte gar nichts mit ihnen zu tun ..." habe ich einen neuen möglichen Umgang mit Konfliktparteien kennengelernt. Es ist ein radikal andere Ansatz.


Anstatt sich direkt auf den Kriegsschauplatz zu begeben, wird zuerst ein Friedensprozess durchlaufen. Erst wenn der Frieden gesichert und ein belastbares Fundament hat, wird die Besichtigung des Kriegsschauplatzes in Betracht bezogen.


Ed Watzke formuliert es wunderbar: "Den in Feindschaft verstrickten Menschen auf ihrem verminten Schlachtfeld eine Brücke zu errichten/anzubieten, die sie über ihr Schlachtfeld hinweg trägt/führt auf einen Hügel des Friedens, von wo aus sie ohne Furcht und Bedrohung aus heilsamer Distanz auf ihren Kriegsschauplatz herabblicken können."


Auf diesem Weg verwendet er viele Metaphern und Geschichten, die er in seinem Buch mit uns teilt. Sie forcieren einen inneren Wandel bei den Konfliktparteien, ohne dass der Mediator direkt auf die Kriegshaltung zeigen muss.




Mich beeindruckt, mit wie viel Leichtigkeit, Humor und Menschenliebe er die Mediation durchführt. Und tief innen spüre ich, dass ich sehr gerne auch diese Haltung in der Mediation haben möchte.


Und mit diesem Zitat aus dem Buch möchte ich abschliessen:

"Wir Menschen zeigen eine erstaunlich hohe Bereitschaft, vieles in den Krieg zu investieren. Wir gehen jedoch davon aus, dass der Friede umsonst zu sein hat oder dass dafür ausschliesslich die gegnerische Seite aufkommen soll. Aus langjähriger Erfahrung als Mediator weiss ich jedoch, dass wechselseitiges Auflisten von Forderungen, Vorwürfen, Verletzungen, Schuldzuweisungen etc. nicht auf den Friedenspfad führt. Frieden ist vorerst kein "Win-Win-Geschäft", sondern ein "Pay-Pay-Geschäft". Nicht Festhalten. Loslassen ist angesagt, eine Kunst, die uns das Leben oft trotz hoher beharrlicher Weigerung lehrt."


Ich freue mich, den Friedenspfad in meiner Mediationspraxis anzuwenden.




Comments


bottom of page